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Selbsthilfe des Vermieters durch Kappen der Versorgungsleitungen zur Mietwohnung?

Unter bestimmten Voraussetzungen, allerdings nicht ohne Prozessrisiko, da noch keine einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen vorliegen,  kann der Vermieter gegen seinen mit den Mietzahlungen erheblich in Rückstand geratenen  Mieter hemdsärmelig vorgehen und den Mieter „ausfrieren“, indem er die Versorgungsleitungen abtrennen lässt. Juristisch ist das die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an der Erfüllung künftiger vertraglicher Pflichten durch Unterlassen der Zufuhr von z.B. Wasser und Energie für die Heizung (ein Unterlassen, das mangels Handlungspflicht keine verbotene Eigenmacht ist da es lediglich zur Beeinträchtigung der vertraglichen Gebrauchsmöglichkeit nicht zur Beeinträchtigung des Besitzes führt). Der Vermieter kann durch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts unter recht engen  Voraussetzungen (problematisch wird es bei den nicht seltenen eigenen Anschlussverträgen des Mieters mit den Energieversorgern) durch Sperren von Frischwasser, Strom, Heizung etc. Druck auf den Mieter ausüben, den rückständigen Mietzins auszugleichen, denn genau dies ist Sinn und Zweck eines Zurückbehaltungsrechtes.

Zum Zurückbehaltungsrecht des Vermieters bei der Versorgung von Mieträumen mit Frischwasser, Strom und Heizung

  Voraussetzungen:

 ·             Mieter hat keinen eigenen Vertrag mit den jeweiligen Versorgungsunternehmen, sondern der Vermieter muss zunächst für die entstehenden Kosten der Versorgungsunternehmen für deren zu Gunsten des Mieters erbrachten Leistungen einstehen.

 ·             Vermieter hat dem Mieter rechtzeitig angekündigt, die Versorgungsleitungen zu kappen und das Zurückbehaltungsrecht darf im Einzelfall nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.

·             Das Kappen der Leitungen darf nicht außer Verhältnis zum Zahlungsrückstand des Mieters stehen. Im Anschluss an Beuermann in GE 1996, 1396 und 2002, 1601 (1603) ist wie folgt zu prüfen:

 a.    Es ist fiktiv festzustellen, in welcher Höhe der Mieter zur Minderung berechtigt wäre, wenn die künftige Versorgung der Wohnung mit Wasser und/oder Wärme durch das Kappen der Leitungen unterbleibt. Beuermann (GE 2002, 1603) rechnet bei einer vollständigen Einstellung der Wasserversorgung mit einer Minderungsquote von 20% und bei Abstellen der Heizung 100% in den Wintermonaten.

b.    Der tatsächliche Mietrückstand muss größer sein, als der so ermittelte fiktive Minderungsbetrag  für ein Jahr. Dann ist das Kappen der Versorgungsleitungen im Rahmen der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht unverhältnismäßig.

 

Bei der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts darf der Vermieter, falls erforderlich wenn sich die zu kappenden Leitungen in den Mieträumen befinden,  sich bzw. den dazu beauftragten Handwerkern Zutritt zur Wohnung des Mieters verschaffen. Allerdings ist der Vermieter darauf angewiesen, dieses Recht im Wege einer Klage durchzusetzen, falls der Mieter den Zutritt zu seinen Mieträumen nicht freiwillig gestattet.

Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Vermieter es möglicherweise lediglich unterlässt, die Versorgung der Mieträume mit Frischwasser, Strom und Heizung vorzunehmen. Zwar sind Besitzschutzansprüche des Mieters wegen verbotener Eigenmacht des Vermieters durchaus auch bei einem Unterlassen des Vermieters möglich, aber nur dann, wenn der Vermieter auch eine Rechtspflicht zum Handeln hat. Ein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters beseitigt aber die grundsätzliche Vorleistungspflicht des Vermieters. Folglich kann sich der Mieter gegebenenfalls nicht auf eine Besitzstörung gemäß § 858 BGB berufen. Beispiel: Nichtreparatur einer Zentralheizung wäre einfaches Unterlassen. Soweit dem Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, ist der Mieter zwar in seinem Besitz gestört, aber er handelt nicht widerrechtlich. Grenzen des Zurückbehaltungsrechts können freilich vom Gericht unter Berufung auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben gesetzt werden.

Das Zurückbehaltungsrecht des Vermieters scheitert nicht daran, dass die zurückgehaltene Leistung vom Vermieter nicht sinnvoll nachträglich erbracht werden kann. Die Rechtsprechung lässt Zurückbehaltungsrechte in der Regel nicht in diesem Punkt scheitern. Zum Beispiel dürfen Stromversorger wegen nicht bezahlter Rechnungen die Belieferung mit Strom zurückhalten, Zeitungsverlage die Lieferung der Tageszeitung zurückhalten, obwohl die Tageszeitung von gestern ohne Wert ist.

Bei laufenden Wohnungsmietverhältnissen ist es sehr umstritten, ob überhaupt und in wie weit eine Besitzstörung - als so genannte verbotene Eigenmacht - einen durch eine Einstweilige Verfügung gegen den Vermieter durchsetzbaren Besitzschutzanspruch des Mieters verletzt. Der Vermieter kann nicht ausschließen, kurzfristig mit einer Einstweiligen Verfügung konfrontiert zu werden, wobei angesichts der strittigen Materie sichere Prognosen darüber, wie der nachfolgende Rechtsstreit über die Besitzschutzfragen ausgehen wird,  kaum möglich sein werden.

 

Zur Besitzstörung bei einem beendeten Geschäftsraummietverhältnis durch Ausfrieren des ehemaligen Mieters, der seiner Räumungspflicht nicht nachgekommen ist,  hat der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshof durch Urteil vom 06.05.2009 (Aktenzeichen XII ZR 137/07) folgendes verkündet:

a) Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen (hier: Beliefe-rung mit Heizenergie) grundsätzlich nicht mehr verpflichtet.

b) Auch aus Treu und Glauben folgt eine nachvertragliche Verpflichtung des Vermieters von Gewerberäumen zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungsverzug befindet und dem Vermieter mangels eines Entgelts für seine Leistungen ein stetig wachsender Schaden droht.

c) Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist keine Besitzstörung gemäß §§ 858, 862 BGB hinsichtlich der Mieträume.

BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07 - KG Berlin; LG Berlin

Besitzschutzvorschriften (§§ 858 ff BGB) greifen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht ein, weil die zur Nutzung des Mietobjekts erforderlichen Energielieferungen nicht Bestandteil des Besitzes seien. Im einzelnen:

aa) Der Besitz umfasst - unabhängig von Sinn und Zweck des Besitzschutzes (dazu Staudinger/Bund BGB [2007] Vorbem. §§ 854 ff. Rdn. 13 ff.; Soergel/Stadler BGB 13. Aufl. vor § 854 Rdn. 2) - lediglich den Bestand der tatsächlichen Sachherrschaft. Der Besitz wird nach § 854 Abs. 1 BGB durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt erworben und durch die Aufgabe oder den Verlust derselben beendigt (§ 856 Abs. 1 BGB). Der Besitz besteht als Voraussetzung des Besitzschutzes demnach in dem dauernden Zustand der tatsächlichen Gewalt (Planck/Brodmann BGB 5. Aufl. § 854 Anm. 2), welche mit der Einwirkungsmacht auf die Sache und der Ausschlussmacht zwei Komponenten enthält (vgl. Staudinger/Bund BGB [2007] § 854 Rdn. 4, 5). Einzelne Modifikationen nach der Verkehrsanschauung (s. Soergel/Stadler BGB 13. Aufl. vor § 854 Rdn. 1, 4, 5) oder die Besonderheiten des Eigenbesitzes nach § 872 BGB (hierzu und zur Entstehung des Besitzrechts des BGBs. Ernst Eigenbesitz und Mobiliarerwerb S. 3 ff.) sind hier nicht von Bedeutung.

Eine verbotene Eigenmacht nach §§ 858, 862 BGB setzt daher voraus, dass in die tatsächliche Sachherrschaft eingegriffen worden ist. Ein Eingriff liegt nur vor, wenn der Besitzer in dem Bestand seiner tatsächlichen Sachherrschaft beeinträchtigt wird. Beim Besitz von Räumen liegt ein Eingriff etwa dann vor, wenn der Zugang des Besitzers zu den Räumen erschwert oder vereitelt wird oder wenn in anderer Form in einer den Besitzer behindernden Weise auf die Mieträume eingewirkt wird (vgl. auch BGH Urteil vom 27. April 1971 - VI ZR 191/69 - VersR 1971, 765).

Das ist bei der Einstellung oder Unterbrechung von Versorgungsleistungen nicht der Fall. Der Zufluss von Versorgungsleistungen kann zwar Voraussetzung für den vertragsgemäßen Gebrauch sein, der nach Beendigung des Vertrages nicht mehr geschuldet wird. Er ist hingegen nicht Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft als solcher. Die Einstellung der Versorgungsleistungen beeinträchtigt weder den Zugriff des Besitzers auf die Mieträume, noch schränkt sie die sich aus dem bloßen Besitz ergebende Nutzungsmöglichkeit ein (Ulrici ZMR 2003, 895, 896). Versorgungsleistungen führen vielmehr dazu, dass die im Besitz liegende Gebrauchsmöglichkeit erweitert wird. Die Gewährleistung der Versorgungsleistungen kann sich demnach allein aus dem ihnen zugrunde liegenden Vertragsverhältnis ergeben. Der Besitzschutz nach §§ 858 ff. BGB gewährt dagegen nur Abwehrrechte und keine Leistungsansprüche.

Die Beendigung des Mietverhältnisses führe im übrigen dazu, dass eine Besitzstörung in diesen Fällen unter keinen Umständen aus pflichtwidrigem Verhalten des Vermieters herleiten lasse,

"weil sich eine Pflichtwidrigkeit des Unterlassens allein aus vertraglichen Pflichten des Vermieters ergeben könnte. Der Anspruch auf die Fortsetzung der Versorgungsleistungen hätte sich daher nur unmittelbar aus dem Mietvertrag oder aus entsprechenden nachvertraglichen Pflichten ergeben können." BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07

Auf diesem Gebiet ist eine fachkundige Beratung unbedingt erforderlich.

Aber keine Beratung kann dem Vermieter das Risiko abnehmen, das im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung unvermeidbar entsteht.

 

 

Die Überlegungen beruhen weitgehend auf dem erwähnten Aufsatz des RiAG Beuermann in der Zeitschrift Das Grundeigentum, Heft 22, 1996, 1396 ff, und vor allem Heft 24, 2002, Seiten 1601 bis 1603 ("Darf der Vermieter den zahlungsunwilligen Mieter ausfrieren?") und der dort auch dargelegten Rechtsprechung zum „Ausfrieren“ von Wohnungseigentümern durch die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen erheblicher Wohngeldrückstände, soweit es um Leistungen von Versorgungsunternehmen geht, für deren Kosten die Wohnungseigentümergemeinschaft ersatzweise an der Stelle des nicht zahlenden Wohnungseigentümers haftet. Das „Ausfrieren“ ist grundsätzlich auch zulässig gegenüber dem Mieter des nicht zahlenden Wohnungseigentümers, weil dem Mieter nicht mehr Rechte zustehen, als seinem Vermieter, dem Eigentümer der Wohnung:

"Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Wohnungseigentümers für die Vergangenheit berechtigt, gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer und auch seinem Mieter die Versorgung der vermieteten Räume mit Heizung und Wasser bis zum Ausgleich der Rückstände zu unterbinden (a. A. OLG Köln v. 15.3.2000 – 2 U 74/99, NJW-RR 2001, 301)."

KG, v. 21.05.2001 - 24 W 94/01
(LG Berlin - 85 T 338/00; AG Charlottenburg - 70 II 287/00)

 

"Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Wohnungseigentümers berechtigt, sowohl gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer wie auch gegenüber dessen Mieter die Versorgung der vermieteten Räume mit Kaltwasser zu sperren." KG, v. 26.11.2001 - 24 W 7/01
(LG Berlin - 85 T 129/00; AG Charlottenburg - 70 II 770/99)

 

Der 8. Zivilsenat des Kammergerichts hat durch Urteil vom 17.12.1998 - 8 U 7247/98 - (veröffentlicht in GE 2004, 622) entschieden, dass das Abstellen von Strom, Heizung und Wasser nach Beendigung des Mietverhältnisses keine verbotene Eigenmacht sei, da nicht der Besitz des Mieters, sondern nur der Mietgebrauch gestört werde:

"Denn die Unterbrechung der Wasserversorgung stellt jedenfalls nach Beendigung eines Gewerbemietverhältnisses durch fristlose Kündigung seitens des Vermieters wegen Zahlungsverzuges des Mieters mit dem Mietzins und den Nebenkostenvorauszahlungen keine Besitzstörung i. S. v. § 858 BGB dar.

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Besitz des Mieters an der Mietsache und dem Gebrauch der Mietsache, den der Vermieter dem Mieter aufgrund des Mietvertrages nach § 536 BGB schuldet. Im Rahmen der Gebrauchsgewährung nach § 536 BGB ist der Vermieter auch zur Erbringung der vereinbarten Nebenleistungen (Heizung, Wasser) verpflichtet, wofür der Mieter die vereinbarten Nebenkostenvorschüsse zu zahlen hat. Nach Beendigung der Mietverhältnisses entfällt die Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsgewährung nach § 536 BGB. Damit entfällt auch die Verpflichtung des Vermieters zur Erbringung der im Mietvertrag vereinbarten Nebenleistungen. Ob dies bei Wohnraummietverhältnissen innerhalb der Räumungsfrist anders zu bewerten ist, kann dahingestellt bleiben. Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Vermieter also grundsätzlich die Erbringung der Nebenleistungen einstellen. Dadurch wird der Mieter zwar in dem Gebrauch der Mietsache, zu der er nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr berechtigt ist, beeinträchtigt, sein Besitz an der Mietsache wird aber damit nicht gestört. Denn Besitz i. S. v. § 858 BGB ist die tatsächliche Sachherrschaft. Darin wird der Mieter durch die Einstellung der Nebenleistungen (hier die Abstellung des Frischwassers) nicht gestört. Die Einstellung von Nebenleistungen ist keine Einwirkung, sondern eine bloße Gebrauchshinderung ohne Eingriff in die Sachherrschaft."

Im selben Urteil vom 17.12.1998 - 8 U 7247/98 - (GE 2004, 622) hat  sich der 8. Zivilsenat gegen die überwiegend vertretene Meinung gewandt, dass die Unterbrechung der Frischwasserzufuhr eine Besitzstörung des Mieters sei: der 8. Zivilsenat des Kammergerichts

" schließt sich vielmehr der von Martius in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. III.A., Rz. 1152, vertretenen Auffassung an, dass das Abstellen von Strom, Heizung und Wasser keine verbotene , den Besitz des Mieters an den Räumen störende Eigenmacht des Vermieters i.S.v. § 558 BGB ist. Von der Gegenmeinung wird nicht klar genug zwischen dem Besitz i. S. v. § 854 BGB und dem Mietgebrauch i. S. v. § 536 BGB unterschieden. Durch die Einstellung von Nebenleistungen wird dem (ehemaligen) Mieter nichts genommen, was er bereits hat, sondern es werden keine neuen Leistungen mehr erbracht (Schmid, Die Erbringung von Nebenleistungen durch den Vermieter, DWW 1986, 140 [142]), auf die der (ehemalige) Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses keinen Anspruch mehr hat. Die Mietsache wird lediglich nach Beendigung des Mietverhältnisses mangelhaft. Der ehemalige Mieter hat aber mangels eines bestehenden Mietvertrages zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch mehr auf Mängelbeseitigung, selbst wenn der Mangel durch Verschulden des Vermieters entstanden ist. Nach § 536 BGB ist der Vermieter nur „während der Mietzeit” verpflichtet, die Sache in vertragsmäßigem Zustand zu erhalten."

Urteilstext als pdf-Datei

Diese Ansicht wird jetzt auch vom Bundesgerichtshof vertreten: BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07.

 

 

Der 12. Zivilsenat des Kammergerichts hat sich im Urteil vom 08.07.2004 - 12 W 21/04 - mit der Unterbrechung der Wasserversorgung für gewerblich als Massagepraxis genutzte Mieträume auseinandergesetzt:

Die Unterbrechung der Wasserversorgung durch den Vermieter ist - jedenfalls nach wirksamer Beendigung eines Gewerbemietverhältnisses wegen Verzugs des Mieters mit Mietzahlungen und den Nebenkostenvorauszahlungen - keine Besitzstörung im Sinne des § 858 BGB.

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Besitz des Mieters an der Mietsache im Sinne des § 854 BGB und dem Gebrauch der Mietsache, den der Vermieter aufgrund des Mietvertrages nach § 536 BGB a. F. (§ 535 BGB n. F.) schuldet.

Keine Pflicht des gewerblichen Vermieters zur Gewährung des Mietgebrauchs nach fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzuges.

Zum Zurückbehaltungsrecht des Vermieters bezüglich der Wasserversorgung des Gewerberaummieters, der die Miete nicht zahlt. .....

"..... Nach Auffassung des Senats stellt jedoch in Fällen der vorliegenden Art, bei denen vertragliche Beziehungen nur zwischen dem Mieter und dem Vermieter von Gewerberaum einerseits sowie zwischen dem Vermieter und dem Versorgungsunternehmen andererseits bestehen, nicht aber unmittelbar zwischen Mieter und Versorgungsunternehmen, das Absperren der Wasserzufuhr keine Besitzstörung i.S.d. §§ 858, 862 BGB dar.

(1) Es erscheint bereits möglich, das vom Verfügungskläger beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten bei wertender Betrachtung als Unterlassen einzustufen. Zwar setzt das Absperren der Wasserversorgung zunächst ein aktives Tun voraus, nämlich das Schließen der Versorgungsleitung. Der Schwerpunkt des Verhaltens der Verfügungsbeklagten dürfte jedoch darin liegen, dass diese die vom Verfügungskläger innegehaltenen Räume nicht weiterhin mit Wasser versorgt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Verfügungsbeklagte denselben Erfolg, nämlich die Unterbrechung der Wasserzufuhr zu den streitgegenständlichen Räumen, auch dadurch hätte erreichen können, dass sie ihrerseits keine Zahlungen mehr an die Wasserbetriebe leistete. In diesem Fall hätten die Wasserwerke die Versorgung eingestellt. Stuft man aber das Verhalten der Verfügungsbeklagten als Unterlassen ein, so könnte eine verbotene Eigenmacht i.S.d. §§ 858 ff. BGB nur dann angenommen werden, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestünde (vgl. Beuermann, GE 1996, 1398). Dies ist hier nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen zu a) verwiesen.

(2) Aber auch wenn man das beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes als aktives Tun einstuft, führt dies nach Auffassung des Senats nicht zum Vorwurf der Eigenmacht . Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum hiervon abweichend teilweise die Auffassung vertreten wird, die Unterbrechung der Versorgung von Räumen mit Wasser, Strom, Gas etc. stelle der Sache nach eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht dar (OLG Köln NZM 2000, 1026 für Wohnungseigentümergemeinschaft; LG Berlin WuM 2003, 508 [509]; AG Siegen v. 4.6.1996 – 7 C 2846/96, WuM 1996, 707; wohl auch LG Kassel WuM 1979, 51 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 862 Rz. 5, m.w.N.; Beuermann, GE 1996, 1398), beruht dies nach Auffassung des Senats darauf, dass nicht hinreichend zwischen dem Besitz i.S.d. § 854 BGB und dem Mietgebrauch i.S.d. § 536 BGB unterschieden wird."

Es folgt das Zitat aus dem Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17.12.1998 - 8 U 7247/98 - .

Der 12. Zivilsenat des Kammergerichts führt fort:

"Die zeitlich unbegrenzte Fortsetzung von Lieferungen mit Wasser etc. ist kein Element des Besitzes des Mieters an den Geschäftsräumen (Darleder, NZM 2000, 1098 [1100]; ebenso Schmidt, Miete und Mietprozess, 4. Aufl., Rz. 10 [19]; Bub/Treier/v. Martius, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III Rz. 1152). Dementsprechend hat der BGH (BGH v. 3.7.1991 – VIII ZR 190/90, BGHZ 115, 99 [102] = MDR 1991, 841) und ihm folgend das OLG Hamm (OLG Hamm MDR 1994, 163 ff.) die Geltendmachung eines ZBR durch ein Versorgungsunternehmen grundsätzlich als zulässig angesehen, obwohl nach der oben genannten Rechtsmeinung stets eine Besitzstörung i.S.d. §§ 858, 862 BGB vorläge.

Ob die Frage einer verbotenen Eigenmacht anders zu beurteilen ist, wenn der Vermieter bei Bestehen einer direkten Vertragsbeziehung zwischen Mieter und Versorgungsunternehmen die Versorgung mit Wasser, Strom, Gas etc. unterbricht, hat der Senat ebenso wenig zu entscheiden wie die weitere Frage, ob die Besonderheiten des Wohnraummietrechtes eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen."

Urteils-Text als pdf-Datei

Inzwischen hat der BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - XII ZR 137/07, entschieden, dass die Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter keine Besitzstörung im Sinne der §§ 858, 862 BGB ist.

Das Landgericht Berlin differenziert: Bei eigenem Vertrag des Mieters mit dem Versorger, darf die Leitung nicht gekappt werden. Finanziert der Vermieter vor undn ist der Mieter zumindest erheblich im Zahlungsrückstand, darf der Vermieter die Weiterlieferung einstellen.

Das Amtsgericht Hohenschönhausen  (unten) wendet die Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Wohnraummietverhältnisse an.

Das Landgericht Berlin (Urteil vom 28. November 2006 - 65 S 220/06 - GE 2007, 150 f.) differenziert. Zur Wasserversorgung (im Gegensatz zur Stromversorgung - s. unten) führt die 65. Zivilkammer aus, dass die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen auf Besitzschutz gerichteten Einstweiligen Verfügung im entschiedenen Fall nicht vorlagen:

Der " Antrag, gerichtet auf die Wiederherstellung der Wasserversorgung, war nicht begründet. Zutreffend hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, daß insoweit keine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht der Verfügungsbekl. vorgelegen hat. Die Wasserversorgung ist während des Mietverhältnisses und danach bis zur Unterbrechung durch die Verfügungsbekl. erfolgt. Dafür hatten die Verfügungskl. den Verfügungsbekl. die Kosten im Rahmen der Betriebskostenübernahme zu erstatten. 

Insoweit lag mithin eine Versorgung durch die Verfügungsbekl. selbst vor. Im Rahmen des Mietverhältnisses schuldeten die Verfügungsbekl. mithin die Versorgung der Wohnung der Verfügungskl. mit Wasser.

Die Unterbrechung bzw. Beendigung der Versorgung stellte in ihrem Schwerpunkt hingegen kein aktives Tun wie bei der Stromversorgung dar, sondern ein Unterlassen, nämlich der weiteren Versorgung der Verfügungskl. mit dem Wasser. Denn es macht keinen Unterschied, ob der Vermieter die Versorgung mit Wasser deshalb nicht fortsetzt, weil er die Versorgungsleitung unterbricht (den Zuleitungshahn schließt) oder das dem Wasserversorgungsunternehmen geschuldete Entgelt nicht zahlt und somit damit bewirkt, daß dieses nicht mehr liefert (vgl. dazu Streyl, a.a.O.).  

Nach allgemeiner Ansicht liegt im Falle des Unterlassens eine verbotene Eigenmacht aber nur vor, soweit tatsächlich eine Pflicht zum Tun bestanden hat. Eine solche Pflicht zur weiteren Versorgung bestand jedenfalls mit dem Ende des Mietverhältnisses nicht weiter fort.  

Ein Fortbestehen im Hinblick auf die rechtliche Regelung des § 546 a BGB kann deshalb nicht festgestellt werden, weil die Verfügungskl. bereits seit Mai 2005 keinerlei Miet- und Betriebskostenzahlungen, das waren bis zur Unterbrechung der Wasserversorgung Mitte Juni 2006   14 Monate lang keinerlei Miete und Betriebskosten, an die Verfügungsbekl. mehr gezahlt hatten.  

Es wird zwar allgemein davon ausgegangen, daß der Vermieter die vertraglich geschuldeten Leistungen auch noch nach Ende des Mietverhältnisses zu erbringen hat und der Mieter die entsprechende Nutzungsentschädigung. Diese nachvertraglichen Schutz- und Treuepflichten bestehen aber bei einem so krassen Verstoß gegen die Zahlungspflichten aus dem Mietverhältnis nicht.  

Die Verfügungskl. konnten deshalb angesichts ihrer mehr als ein Jahr ausstehenden Zahlungen von den Verfügungsbekl. keine Wiederherstellung der Wasserversorgung verlangen, weil das zu der den Verfügungsbekl. nicht mehr zumutbaren Folge geführt hätte, daß noch weitere Verbindlichkeiten entstehen."

Soweit dieser Punkt in der Entscheidung des Landgerichts Berlin, GE 2007, 150f. Anders bei der Wiederherstellung der Stromversorgung.

Auch das AG Hohenschönhausen gestattet dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen die Unterbrechung der Wasserzufuhr des ehemaligen Mieters, der noch nicht ausgezogen ist.

 

Das Landgericht München I in einer Pressemitteilung entsprechend im Fall eines gesonderten Vertrages des Mieters mit einem Stromversorger:
"02.01.2006 "Vermieter darf Mieter von Wohnraum nicht von der Stromzufuhr ausschließen"  Beschluss vom 24.11.2005, Az. 15 T 19143/05 
(zum Beschluss des Amtsgerichts München vom 13.9.2005, Az. 415 C 23505/05). Das Landgericht München I hat als Berufungsgericht eine Entscheidung des Amtsgerichts München bestätigt, wonach der Vermieter von Wohnraum die Zufuhr von Strom nicht unterbinden darf, auch wenn er den Mietern wegen rückständiger Miete fristlos gekündigt hat.
Im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung im Januar 2005 war es in der gekündigten Wohnung im Mai und Juli 2005 mehrfach zu einem Stromausfall gekommen, weil die Sicherung herausgedreht war. Die Mieter konnten sich zunächst damit helfen, dass sie die Sicherung wieder hineinschraubten. Danach kam es wieder zu einem Stromausfall. Eine Wiederherstellung der Stromzufuhr war jedoch in diesem Fall nicht möglich, da das Schloss zu dem Raum mit den Sicherungskästen ausgetauscht war.
Am 5.8.2005 erwirkten die Mieter gegen den Vermieter eine einstweilige Verfügung auf Gestattung des Zutritts zu dem Raum mit den Sicherungskästen zum Zwecke der Behebung des Stromausfalls. Nach Widerspruch des Vermieters erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt. Die Kosten des Verfahrens hat das Amtsgericht München dem Vermieter auferlegt mit der Begründung, es gehöre auch nach Beendigung eines Mietverhältnisses zu den Mindestpflichten des Vermieters, Zugang zum Stromzähler und zum Sicherungsraum zu gewähren.
Das Landgericht München I wies die Beschwerde des Vermieters gegen diese Entscheidung zurück.
Der Vermieter könne sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen aufgelaufener Mietschulden nicht berufen. Solange die Mieter noch in der gekündigten Wohnung lebten, dürfe der Vermieter sie nicht von Versorgungsleistungen wie der Stromzufuhr ausschließen. Dies stelle eine widerrechtliche Besitzstörung dar. 
Zwar habe das Kammergericht Berlin für die Wasserversorgung von Gewerberäumen anders entschieden. Die Versorgung mit Kalt- und/oder Warmwasser stelle aber der Vermieter als Vorleistung zur Verfügung. Hier hätten die Mieter jedoch einen eigenständigen Vertrag mit den Stadtwerken über die Stromversorgung abgeschlossen. Die Unterbindung der Stromversorgung stelle in diesem Fall verbotene Eigenmacht dar, zumal es sich um ein Wohnraummietverhältnis handele."

Das Landgericht Berlin (Urteil vom 28. November 2006 - 65 S 220/06 - GE 2007, 150 f.) würde aus folgenden Gründen gegen eine Stromunterbrechung durch den Vermieter eine Einstweilige Verfügung erlassen, wenn der (ehemalige) Mieter einen eigenen Vertrag mit dem Stromversorger hat, wie es in der Regel der Fall ist, weil anders als häufig bei Wasserlieferungen, die der Vermieter zunächst bei dem Wasserversorger bezahlt und dem Mieter die auf ihn entfallenden Kosten in der Betriebskostenabrechnung erst in Rechnung stellt:

"Die Verfügungskl. hatten einen Verfügungsanspruch auf Wiederherstellung der Stromversorgung für die von ihnen innegehaltene Wohnung, §§ 862 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB. 

Bei der von den Verfügungsbekl. vorgenommenen Unterbrechung der Stromversorgung handelte es sich um eine Besitzstörung im Sinne von §§ 862 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB. Unter Besitz versteht man die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache oder Sachgesamtheit. Der Besitz hat in der tatsächlichen Sachgewalt über die mit Strom-und Wasseranschlüssen ausgestattete Wohnung bestanden. Da der Besitz hier durch den Mietvertrag zwischen den Parteien begründet bzw. übertragen worden war, besteht gerade kein Unterschied zu der mit § 535 Abs. 1 BGB vom Vermieter geschuldeten Gebrauchsgewährung in dem vereinbarten Umfang, sondern vielmehr Identität. Entscheidend für eine Besitzstörung ist, daß der Besitzer in seiner Sachherrschaft und der darin liegenden Sachnutzungsmöglichkeit und damit in seinen Interessen beeinträchtigt ist (Streyl, Das Einstellen der Versorgungsleistungen durch den Vermieter, WuM 2006, 234 ff. [236] unter Bezugnahme auf Baur, Lehrbuch des Sadhenrechts, 12. Aufl. 1983, § 9 1 2a [S. 74]). 

Der Besitz an einer Sache umfaßt damit ihre Gebrauchsmöglichkeit, insoweit besteht kein Raum für eine Unterscheidung des Besitzes im Sinne von §§ 854 ff. BGB und der im Rahmen des Mietvertrags vom Vermieter dem Mieter gegenüber geschuldeten Einräumung der Gebrauchsmöglichkeit gemäß § 535 Abs. 1 BGB. 

Der Besitz der Verfügungskl. war durch die unstreitige wirksame Beendigung des Mietverhältnisses nicht tangiert worden, da er allein an die tatsächliche Sachgewalt und nicht an bestimmte rechtliche Voraussetzungen anknüpft. Die Verfügungskl. hatten den Besitz nicht aufgegeben. Darauf, daß das Mietverhältnis beendet war und die Verfügungskl. gegenüber den Verfügungsbekl. nach Beendigung des Mietvertrags kein Recht zum Besitz mehr hatten, konnten sich die Verfügungsbekl. gemäß § 863 BGB nicht berufen, denn petitorische Einreden können gegenüber dem possessorischen Besitzschutzanspruch nach § 862 Abs. 1 BGB nicht erhoben werden. 

Soweit die Verfügungsbekl. die Stromversorgung unterbrochen haben, lag in ihrem Handeln auch eine verbotene Eigenmacht durch ein Tun. Denn durch die Unterbrechung der Stromversorgungsleitung haben sie in die Versorgungsbeziehung zwischen den Verfügungskl. und dem Stromlieferanten eingegriffen und damit den Besitz der Verfügungskl. gestört. Denn diese konnten die Wohnung nicht mehr weiter in der Weise nutzen, daß sie über den Stromanschluß auch Strom erhielten. 

Der Schwerpunkt des Handelns der Verfügungsbekl. liegt mit der Unterbrechung und dem damit verbundenen Eingriff in die Versorgungsbeziehungen der Verfügungskl. mit dem Stromversorgungsunternehmen in einem Tun, nämlich der aktiven Unterbrechung und deren Fortdauern. 

Ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO hat vorgelegen, angesichts der bei der heute üblichen Lebensweise mit dem weitgehenden Bedarf nach Stromversorgung zur Beleuchtung und zum Betrieb von elektrisch betriebenen Haushalts- und Unterhaltungsgeräten war eine besondere Dringlichkeit der Wiederherstellung der Stromversorgung für die Verfügungskl. zu bejahen."

So Landgericht Berlin, GE 2007, 150.

Das Amtsgericht Hohenschönhausen in Berlin - abgedruckt in GE 2007, 1127:

BGB §§ 858, 862

Unterbrechung der Wasserversorgung für Wohnraummieter

Leitsatz

Nach Beendigung des Wohnraummietverhältnisses darf der Vermieter die Wasserversorgung unterbrechen; eine Besitzstörung liegt darin nicht.

AG Hohenschönhausen, Beschluß vom 10. Juli 2007 - 9 C 120/07 -

Aus den Gründen: Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung war gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen. Dem Antragsteller steht kein Verfügungsanspruch gemäß §§ 935, 936, 916 Abs. 1 ZPO zu.

Die Unterbrechung der Wasserversorgung durch die Antragsgegner stellt keine Besitzstörung im Sinne einer verbotenen Eigenmacht gemäß der §§ 862, 858 BGB dar.

Mit der Beendigung des Mietverhältnisses entfiel die Pflicht der Antragsgegner zur Gewährung des Gebrauchs der Mietsache. Damit entfiel auch die Pflicht zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Nebenleistungen wie der Wasserversorgung mit der Folge, daß die Antragsgegner grundsätzlich die Nebenleistungen einstellen konnten (vgl. auch KG, Urteil vom 8.7.2004 - 12 W 21/04 -, zitiert aus juris, so auch Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl. 2007, § 862 Rz. 4; a.A. LG Berlin, Urteil vom 28.11.2006 - 65 S 220/06 = GE 2007, 150). Denn hierdurch wird der Mieter zwar im Gebrauch der Mietsache, zu dem er nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr berechtigt ist, beeinträchtigt, sein tatsächlicher Besitz an der Mietsache wird hierdurch aber nicht gestört. Die Einstellung der Nebenleistung ist somit keine Einwirkung, sondern eine bloße Gebrauchshinderung ohne Einwirkung auf die Sachherrschaft an sich (KG, a.a.O.).

Eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigt sich - entgegen der Ansicht des Antragstellers - auch nicht daraus, daß es sich vorliegend um ein Wohnraummietverhältnis handelte. Konkrete Umstände, die im vorliegenden Fall ein besonderes Schutzbedürfnis des Wohnraummieters, der trotz eigener Kündigung unberechtigt in der Wohnung verbleibt, gegenüber dem Gewerberaummieter begründen und somit eine andere Beurteilung rechtfertigen, sind nicht zu erkennen. Insoweit hat der Antragsteller auch keine über die bloßen, mit der Sperrung der Wasserzufuhr verbundenen Unannehmlichkeiten hinausgehenden Umstände vorgetragen.

 

Sonderfall - Vermieter hat Zahlungsrückstände bei Energieversorger

Das OLG Brandenburg hat am 27.8.2007 zum Aktenzeichen 7 W 82/07 laut einer Pressemitteilung des Gerichts die Sperrung der Fernwärmeversorgung gestattet, wenn der Vermieter in erheblichen Zahlungsrückstand geraten ist. Hier der Text der Pressemeldung:

Stadtwerke dürfen die Fernwärmeversorgung für ein Haus sperren, wenn der Vermieter wegen einer seiner Auffassung nach unbilligen Preiserhöhung die Rechnungen nicht vollständig bezahlt hat. Die Einstellung der Fernwärmeversorgung kann zwar für die betroffenen Mieter eine unzumutbare Härte darstellen. Hierauf müssen die Stadtwerke aber keine Rücksicht nehmen, weil ihr Vertragspartner allein der Vermieter ist.

Der Sachverhalt:

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die örtlichen Stadtwerke, die mehrere Mietshäuser der Antragsgegnerin mit Fernwärme beliefern. Die Antragstellerin hielt die Preiserhöhungen der Antragsgegnerin seit dem 1.10.2005 für unbillig und bezahlte daher die Jahresabrechnung 2006 und die Abschlagszahlungen für die Monate März bis Juni 2007 nicht vollständig. Hierdurch entstand ein Zahlungsrückstand von 10.000 Euro.

Die Antragsgegnerin drohte zunächst ohne Erfolg die Versorgungseinstellung an und sperrte sodann die Fernwärmeversorgung. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:

Die Antragsgegnerin war angesichts der hartnäckigen Zahlungsverweigerung der Antragstellerin zur Sperre der Fernwärmeversorgung berechtigt.

Im Streitfall kann dahinstehen, ob Kunden bei unbilligen Preiserhöhungen der Stadtwerke zur Kürzung ihrer Zahlungen berechtigt sind. Denn die Antragstellerin hat nicht bewiesen, dass überhaupt eine ermessensabhängige Preiserhöhung stattgefunden hat, da sie mit der Antragsgegnerin eine automatische Preisanpassungsklausel vereinbart hat. Gegen eine unbillige Preiserhöhung spricht zudem, dass die Antragsgegnerin ihre Preise zum 1.10.2005 um weniger als fünf Prozent angehoben hat, während gleichzeitig die Preise für Erdgas, woraus die Fernwärme teilweise erzeugt wird, um zehn Prozent gestiegen sind. Die Sperre der Fernwärmeversorgung stellt für die Antragstellerin auch keine unzumutbare Härte dar. Anders ist dies zwar für die unmittelbar von der Sperre betroffenen Mieter zu beurteilen. Hierauf muss die Antragsgegnerin aber keine Rücksicht nehmen, da ihre Vertragspartnerin allein die Antragstellerin ist.